Auf der B96 , Von Zittau bis Sassnitz – Die Route 66 des Osten

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Eine Reise zurück in die Vergangenheit, zu unsrer Jugend“

„Ich war wieder unterwegs. Die Route: die alte B96 – einmal von Süden nach Norden. Diese Straße ist mehr als nur Asphalt. Sie ist ein Stück deutscher Geschichte. Früher war sie eine Hauptschlagader des DDR-Verkehrsnetzes.

So begann der Vortrag von Stefan Schumann im Arboretum, den ich am Freitag besucht habe, Erlebtes, Erinnerungen – und viele Gedanken.“
Nein, eigentlich fing er anders an, ich werde versuchen das alles nachzuerzählen, denn ich hab Notizen gemacht:

Manchmal gibt es Momente, in denen Gedanken ganz unerwartet auftauchen – und genau so begann alles.
Die Idee kam mir eher zufällig. 1983 – vor über 40 Jahren – erhielt ich meine Fahrerlaubnis. Ein ganz besonderer Moment.
Gleichzeitig versank ich in meinen Erinnerungen an die Jugend, an eine Zeit, die geprägt war von Einfachheit, Neugier und Hoffnung. Vielleicht gelingt es mir, den ein oder anderen Zuhörer in den nächsten Minuten mitzunehmen – auf eine kurze Reise zurück in diese Tage.
Ich beschloss, die Straße nochmal zu fahren mit der Simson.

Auf der B96 , Von Zittau bis Sassnitz

Die Route: die alte B96 – einmal von Süden nach Norden. .
Die B 96 ist mit über 500 Kilometern die längste Bundesstraße im Osten Deutschlands.
So beginnt der Vortrag von Stefan Schumann im Arboretum.

Ich fahre los – vorbei an Orten, die auf den ersten Blick alltäglich wirken, aber bei genauerem Hinsehen Geschichten erzählen.
Zwischen alten Tankstellen, geschlossenen Museen und verlassenen DDR-Bauten spüre ich die Ruhe. Ein Gefühl von Abgeschiedenheit und Freiheit.

Zittau ist schön geworden mit all den schmucken Häusern.
Ich muss aber auch an eins denken: Im Sommer und Herbst 2020 sorgten Proteste von Corona-Leugnern, Verschwörungstheoretikern und Rechtsextremen an der B96 in Sachsen für überregionale Schlagzeilen. Im Winter bestimmten dann Berichte über zahlreiche Corona-Tote und überfüllte Krematorien das Bild.
In den ehemaligen ROBUR Werken sieht man, wo Schriften waren, doch darin macht nur ein Verein ‘Autobau’.

Sein Ziel ist Bautzen II, der Knast für politisch Verfolgte in der DDR, in dem jetzt ehemalige Insassen Führungen machen.
Senf, die beliebte Delikatesse für Würstchenfans ist längst überregional in nahezu jedem Supermarkt erhältlich – kein Wunder also, dass Bautzen sich gern als das „mittelscharfe Zentrum der Oberlausitz“ bezeichnet.
Durchschreitet man die Altstadt von Bautzen erwartet einen ein beachtliches mittelalterliches Ensemble aus Türmen und Wehranlagen in traumhafter Lage oberhalb der Spree.

Seit den 1950er Jahren wuchs Hoyerswerda rasant: Als Wohnort für die Beschäftigten des Braunkohleveredlungswerks und des Kraftwerks Schwarze Pumpe verzehnfachte sich die Einwohnerzahl bis in die 1980er Jahre auf rund 71.000.
Das Großkraftwerk “Schwarze Pumpe, jetzt modern kann man nicht besichtigen” Der Großteil der Bevölkerung lebte in der eigens östlich der Altstadt errichteten Neustadt mit zehn Wohnkomplexen – einem exemplarischen Beispiel für den DDR-Städtebau, dessen frühe Bauabschnitte heute von baukultureller Bedeutung sind.

Dann soweit das Auge reicht Tagebauwüste, das wird hoffentlich mal so schön wie der Senftenberger See.
Dann die L60, die größte Förderbrücke, 200m länger als der Eiffelturm hoch.
Manchmal trifft man dabei auf Relikte, so erzählt er weiter – etwa das einst weltberühmte Lungenheilsanatorium Beelitz.
Heute steht es verlassen da, vom Verfall gezeichnet.
Mit einem Baumwipfelpfad in der Mitte.

In Mühlenhof passiere ich die „verbotene Stadt“ – einst streng bewacht, heute halb vergessen.
Zu einem „Militärstandort“ wurde Wünsdorf schon zu „Kaiser´s Zeiten“. Im Jahre 1910 wurde dort die ersten Militärgebäude errichtet.
Die Reise wird mit jedem Kilometer persönlicher.
Über Berlin will ich nichts sagen. Außer dass ich am Mauerstück langgefahren bin, wo Honi und Brewnew sich küssen.

Als Nächstes führte mich meine Reise nach Fürstenberg/Havel. Mit vier Havelläufen und drei Seen prägen Wasserreichtum und die umliegende Hügellandschaft das Stadtbild.
Doch mitten hindurch verläuft auch die stark befahrene B 96 – sehr zum Ärger der Bewohnenden. Überall sind Protestschilder der Bürgerinitiative „B 96 raus“ zu sehen, die sich seit Jahren für eine Umgehungsstraße einsetzt.
Neubrandenburg besteht nur aus Plattenbauten, könnte man denken.

Die Reise wird immer mehr zur persönlichen Zeitreise. In Greifswald schaue ich mir die Reste der alten DDR-Fahrzeuge an – darunter auch eine alte ES 250, liebevoll „Eisenschwein“ genannt. Sie erinnert mich an meine Jugend: einfache Technik,viel Freiheit.
Und er kommt schließlich in Sachsenhausen vorbei – ein Ort, der mich tief bewegt. Solche Gedenkstätten holen einen aus dem Alltag, reißen einen raus – zu Recht.
„Es sind Orte, die zum Nachdenken zwingen – und genau das sollen sie auch.“

Die letzte Etappe führt weiter gen Norden. Noch 70 Kilometer bis Sassnitz, dem Ende der B96.
Der alte Rügendamm und die Rügenbrücke sind bekannte Wahrzeichen auf der Insel Rügen, die Generationen von Ostseegästen genervt haben. Die B 96 spielt eine wichtige Rolle in der Verbindung dieser Sehenswürdigkeiten.

An einem Kreisverkehr in Sassnitz endet die B 96 und damit meine Tour.  
Ich mache ein letztes Foto meiner Simson, dem treuen Begleiter dieser Reise, vor dem unscheinbaren Ortsschild. Kein großes Finale – aber genau richtig.

Dann muss ich zurückfahren, und mein Hintern brummt wie ein Bienenstock.

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